Krisenkochen

Gestern habe ich tatsächlich gearbeitet. Als Texter. Und gekocht. Ja, gekocht habe ich auch. Der Frau hat’s sogar geschmeckt. Vorher musste ich natürlich einkaufen. Und das war wie in alten Zeiten, als wir noch in dieser Überflussgesellschaft lebten. 

So schön wie damals.

Rote Beete war erhältlich, zudem Aubergine, Zwiebel, Porree und asiatisches Nudelwerk. Auch Rinderhack konnte ich ergattern. Und weil ich gerade so im Rausch war, nahm ich auch gleich noch Knoblauch, Ingwer, Koriander und Petersilie mit. Als raffinierte Besonderheit wollte ich alles mit Cashewkernen krönen, denen ich mittels einer Bratpfanne subtile Röstarome zu entlocken weiß. Kokosmilch pflückte ich aus dem eigenen Regal. Das alles habe ich dann gebraten und zusammengeworfen. 

Ich kaufe jetzt tatsächlich mit einem etwas anderen Bewusstsein ein, als noch vor ein paar Wochen, als dieses Corona ein weit entferntes Problem der Chinesen war: Was ich kaufe, kann jemand anderes nicht kaufen. Vielleicht war das schon immer so. Nur bekommt man es halt nicht mit, wenn der Mangel am anderen Ende der Welt entsteht. Das ist jetzt anders. Wenn da nur noch ein Artikel im ansonsten komplett abgeräumten Regal liegt, kann man sich ja nichts vormachen. Deshalb hatte ich gestern ein sehr schlechtes Gewissen, als ich ein Stück verschimmeltes Brot entsorgen musste. Das arme Brot. 

Auch anders also sonst: Ob das Produkt in Plastik eingepackt ist oder nicht, ist mir jetzt nicht mehr ganz so wichtig. Zum Glück war ich noch nicht in der Situation, dass außer Nestlé-Produkten nicht zu holen war. Das wäre ein Härtetest. Auf jeden Fall ist dies ein heilsamer Aspekt des ganzen Shices. Vielleicht begreifen einige jetzt, wie privilegiert sie sind. Vielleicht auch nicht. Vielleicht bepöbeln sie auch Kassierer*innen im Supermarkt, die ihre Gesundheit riskieren, damit die Pöbler hamstern können.

Bin ich jetzt eigentlich ein Food-Blogger?

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